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PKH/VKH - OLG Karlsruhe zu vorsätzlichem Verleihen von Vermögen.

Urteile zu PKH/VKH und Beratungshilfe - Herbeiführung vorsätzlicher Vermögenslosigkeit
Vorsätzliches Verleihen von Vermögen

  • Wer absehen kann, dass er Geld für eine Prozessführung benötigen wird, trotzdem aber Einkünfte bzw. Vermögen vermindert oder an Dritte verleiht - alles mit der Absicht, Bedürftig im sinne der Prozesskostenhilfe zu werden - dem braucht keine Prozesskostenhilfe genehmigt zu werden.

OLG Karlsruhe, 12.06.1984, 18 UF 150/83

ZPO § 114, ZPO § 115

Aus den Gründen:

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Berufung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Prozesskostenhilfe (PKH) war zu versagen, weil die Beklagte (Bekl) nicht hilfsbedürftig im Sinn des § 114 ZPO ist bzw. weil sie eine etwaige gegenwärtige Leistungsunfähigkeit böswillig herbeigeführt hat.

Die Bekl hat ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1150 DM; für die bei ihr lebende gemeinsame Tochter der Parteien, Michaela, bekommt sie vom Kläger (Kl) Unterhalt in Höhe von 440 DM monatlich. Für den Unterhalt der beiden weiteren beim Kl wohnenden Töchter kommt der Kl allein auf (§ A der notariellen Vereinbarung V. 10.4. 1981). Damit käme ohnehin nur die Bewilligung von PKH mit Ratenzahlung in Betracht.

Die Bekl besitzt aber auch noch Vermögen, und zwar zumindest in Höhe einer Darlehensforderung von 15000 DM gegen R., mit dem sie, wie sie vorträgt, ihre Zukunft zu gestalten beabsichtigt. Hierzu hat sie zwar angegeben, ihr Darlehensanspruch sei nicht fällig, ohne allerdings den Zeitpunkt der Fälligkeit und die Darlehensbedingungen näher darzulegen. Sie muss deshalb darauf verwiesen werden, ihr Vermögen insoweit für die Prozesskosten einzusetzen, als es 4000 DM übersteigt (§§ 115 Abs. 2 ZPO, 88 BSHG in Verbindung mit § 1 der VO zu § 88 IV BSHG).

2. Es braucht indessen nicht weiter geprüft zu werden, ob nicht wenigstens ein Teil des Darlehens in Höher der zu erwartenden Prozesskosten fällig ist oder alsbald fällig gestellt werden kann. Auch wenn sie das Darlehen tatsächlich langfristig unkündbar gegeben hat, so ist ihr PKH trotzdem zu versagen, weil sie sich böswillig arm gemacht hat. Hat nämlich eine Partei in Kenntnis der Tatsache, Mittel für einen Prozess zu benötigen, ihre Einkünfte oder ihr Vermögen oder auch ihre Kreditwürdigkeit in der Absicht vermindert, Kostenbefreiung für den Prozess zu erlangen, so kann ihr PKH versagt werden.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor:

Die Bekl hat im September 1982 aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses der Parteien von dem Restkaufpreis einen Anteil von ca. 33000 DM zu ihrer Verfügung erhalten. Damals war schon das Scheidungsverfahren mit Folgesachen anhängig; mit Klage v. 23.9. 1982 hat sie Ansprüche auf Zugewinnausgleich von 36500 DM, gestützt auf § F der notariellen Vereinbarung V. 10.4. 1981, geltend gemacht; am 29. 10. 1982 wurde ihr die Unterhalts-Abänderungsklage und am 21. 6. 1983 die weitere Unterhalts-Abänderungsklage zugestellt. Nicht nur das Zugewinnausgleichsverfahren, sondern auch die Abänderungsverfahren wurden hochstreitig geführt; die Bekl hat gegen den Kl im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen wegen des Bootshandelsbetriebes im Sommer 1983 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft K. erstattet, was zu dem Ermittlungsverfahren 41 J s 273/83 führte; sie hatte dem Kl die Strafanzeige zuvor für den Fall angedroht, dass er einen von ihr unterbreiteten Vorschlag nicht annehmen sollte. Da die Parteien die Verfahren so vehement streitig führten, musste die Bekl davon ausgehen, dass sich auch noch Berufungsverfahren anschließen würden, gleichgültig welche Partei in der ersten Instanz obsiegen sollte, also weitere Prozesskosten auf sie zukommen würden. Trotzdem ging die Bekl hin und verkaufte am 6.5.1983 für 10000 DM Bundespostanleihen und übertrug am 13.5.1983 Zertifikate über 15000 DM auf R., um so ihrem Lebensgefährten den Aufbau einer Existenz zu ermöglichen; 5000 DM investierte sie in die Anschaffung einer Lichtpausmaschine für dessen Betrieb. Schließlich leistete sie sich für 4000 DM einen Spanienurlaub.

Die Bekl hat diese Vermögensdispositionen nicht nur zu einem Zeitpunkt getroffen, als Prozesse zwischen den Parteien anhängig waren, sondern auch Rechtsmittelverfahren zu erwarten waren, was bereits den Schluss nahelegt, dass sie dies in der Erwartung getan hat, dass sie die Prozesse notfalls im Wege der PKH führen könne. Dass dies aber auch ihre Absicht war, ergibt sich deutlich daraus, das sie, nachdem sie die Vermögensdispositionen getroffen hatte, in ihren Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse v. 4.7.1983 und v. 29.1.1984 ihre Forderungen gegen R. verschwiegen hat.

3. Aus dem Akteninhalt muss außerdem geschlossen werden, dass die Bekl die Kosten der Prozessführung tatsächlich aufbringen konnte; nach § 114 ZPO ist aber Voraussetzung für die Bewilligung von PKH, dass eine Partei die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann.

...

Ob auch unter diesem Gesichtspunkt PKH zu versagen gewesen wäre, bedarf keiner weiteren rechtlichen Prüfung, da der Antrag der Bekl schon - wie oben dargelegt - aus anderen Gründen keinen Erfolg haben konnte.

Abgedruckt in: FamRZ 1985, 414



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