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PKH/VKH - OLG Saarbrücken zur Ausschlagung eines (Mit-)Erbanteils.

Urteile zu PKH/VKH und Beratungshilfe - Herbeiführung vorsätzlicher Vermögenslosigkeit
Ausschlagung eines (Mit-)Erbanteils

  • Ein Miterbenanteil gehört grundsätzlich zum einzusetzenden Vermögen im Sinne von ZPO § 115 Abs. 3.
  • Ist bereits ein Verfahren anhängig oder soll absehbar geführt werden und für dieses Verfahrenskostenhilfe beantragt werden, darf eine (Mit-)Erbschaft nicht ohne triftigen Grund ausgeschlagen werden oder diese wird, trotz Ausschlagung, als fiktives Vermögen angerechnet.
  • Kein wichtiger Grund zum Ausschlagen des Miterbenanteils in diesem Zusammenhang ist das befürchtete Entstehen von Ärger mit anderen Miterben.

OLG Saarbrücken, 16.01.2012, 9 WF 135/11

ZPO § 115 III,

Aus den Gründen:

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Familiengericht (FamG) hat der Antragsgegnerin zu Recht die beantragte Verfahrenskostenhilfe (VKH) für den Widerantrag gemäß Schriftsatz vom 9.6.2011 mangels Kostenarmut verweigert.

Die Antragsgegnerin hat am 9.6.2011 vor dem Nachlassgericht (NachlG) die Erbschaft nach ihrer 2011 verstorbenen Mutter ausgeschlagen, nachdem sie die Wert- und Erbenanfrage das NachlG bereits unter dem 19.5.2011 dahingehend beantwortet hat, dass ein Bankguthaben von ca. 1000 EUR und Nachlassverbindlichkeiten - ohne Beerdigungs- und Grabsteinkosten - von 31000 EUR vorhanden seien. Aufrgund ihrer Ausschlagung ist nunmehr ihre Tochter C., geb. 1995, als (Mit-)Erbin berufen, und zwar neben den beiden Brüdern der Antragsgegnerin.

Gemäß § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Die Antragsgegnerin hat zwar kein Vermögen. Ihr ist ein solches aber fiktiv zuzurechnen. Miterbenanteile gehören zum Vermögen (Kalthuener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl., Rz. 329). In Ansehung des bereits seit Mitte 2010 laufenden Unterhaltsverfahrens und der Absehbarkeit ihres Abänderungwiderantrags durfte die Antragsgegnerin ihre Miterbenstellung nicht ohne verfahrenskostenrechtlich relevanten Grund aufgeben. Die Begründung, dass ihr in Anbetracht des Umstands, dass einer ihrer Brüder in dem zur Erbmasse gehörenden Haus wohne, "diese Erbangelegenheit aber mit zu viel Ärger verbunden" sei, ist verfahrenskostenrechtlich nicht billigenswert und verfängt auch schon deshalb nicht, weil sie aufgrund der ihrer minderjährigen Tochter nunmehr angefallenen Miterbschaft und infolge ihres Sorgerechts in diese Angelegenheit in jedem Fall weiter involviert ist. Die Erbausschlagung seitens der Antragsgegnerin, an deren Wirksamkeit (insbesondere im Hinblick auf § 138 BGB) keine Bedenken bestehen, ist mutwillig und deshalb verfahrenskostenhilferechtlich ohne Relevanz. Bei der demnach gebotenen fiktiven Vermögensbetrachtung verbleibt nach Abzug der 1/3-Miterbenstellung ein Betrag von um die 10000 EUR, der auch unter Berücksichtigung des der Antragsgegnerin nach § 115 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 90 SGB XII zu belassenden Schonvermögens bei Weitem ausreicht, die Kosten abzudecken, die durch den Abänderungswiderantrag gemäß Schriftsatz vom 9.6.2011 entstehen - für die Verteidigung gegen den Abänderungsantrag des Antragstellers und ihren Auskunftswiderantrag wurde ihr mit den Beschlüssen vom 16.11.2010 und vom 3.12.2010 ratenfreie VKH bewilligt. In Anbetracht dessen, dass der Erbfall bereits am 1.5.2011 eingetreten ist, dringt die Antragsgegnerin auch nicht mit ihrem pauschalen Einwand durch, dass nicht absehbar sei, wann der Erlös aus der Erbauseinandersetzung zur Verfügung stünde, zumal sie den Stand der Auseinandersetzung nicht angezeigt hat.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin auf die Rechtsprechung des BGH zum sog. Behindertentestament und zum Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialhilfeempfängers (vgl. BGH, FamRZ 2011, 472). Diese Rechtsprechung des BGH bezieht sich auf das erbrechtlich relevante Handeln von Eltern behinderter Kinder und behinderter Sozialhilfeempfänger und ist auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen, in dem ein billligenswerter Grund für die Ausschlagung nicht gegeben ist, die Motivation vielmehr darin besteht, die Bedürftigkeit mit Hinblick auf das anhängige Unterhaltsverfahren gezielt herbeizuführen, mithin die Antragsgegnerin ihrer Leistungsunfähigkeit mutwillig herbeigeführt hat (vgl. auch Senatsbeschluss v. 20.1.2010, MDR 2010, 1753, m.n.N.).

Abgedruckt in: FamRZ 2012, 1577



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