Mit Nutzung dieser Webseite akzeptieren Sie das Setzen von Cookies.
Hinweis schliessen ]
PKH/VKH - OLG Zweibrücken zu Sterbegeldversicherung als Schonvermögen.

Urteile zu PKH/VKH und Beratungshilfe - Sterbegeldversicherung als Schonvermögen

  • Das Recht über die eigene Bestattung zu bestimmen ist Teil des grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) und umfasst die Dispositionsfreiheit bereits zu Lebzeiten für eine angemessene Bestattung Vorsorge zu treffen.
  • Eine Sterbegeldversicherung über 3000 EUR ist nicht unangemessen und dem Schonvermögen nach § 90 SGB XII zuzurechnen.

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.08.2005, 3 W 79/05

Aus den Gründen:

I.

Der Beteiligte zu 2) ist als Betreuer für die Betroffene eingesetzt. Mit Beschluss vom 09.03.2004 hat das Amtsgericht für die Zeit vom 19.11.2002 bis zum 18.11.2003 eine wegen festgestellter Mittellosigkeit der zu Betreuenden aus der Staatskasse zu zahlende pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 312,-- € festgesetzt. Mit weiterem Beschluss vom 7. Dezember 2004 ordnete das Amtsgericht die Rückerstattung dieses Betrages aus dem Vermögen der Betroffenen mit der Begründung an, der Schonbetrag von 2300,-- € sei weit überschritten. Dabei hat das Amtsgericht die Rückkaufswerte und Überschussbeteiligungen von vier Sterbegeldversicherungen der Betroffenen (angesparter Gesamtwert: 3 003,25 €) als einsatzfähiges Vermögen der Betroffenen erachtet.

Auf die hiergegen von dem Beteiligten zu 2) "in seiner Eigenschaft als Betreuer" eingelegten Beschwerde hat das Landgericht den Rückforderungsbeschluss aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Betrag der Sterbegeldversicherungen sei dem Schonvermögen der Betroffenen zuzurechnen und sei deshalb nicht gemäß § 1908 i i. V. m. § 1836 c BGB i. V. m. § 90 SGB XII einzusetzen.

Hiergegen richtet sich die - zugelassene - sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors.

II.

1. ...

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

Die Erstbeschwerde war zulässig. Als Rechtsmittelführer ist die Betroffene, vertreten durch den Beteiligten zu 2) und nicht dieser selbst anzusehen. Die von dem Verfahrensbevollmächtigten gewählte Formulierung kann nur in diesem Sinne verstanden werden, da sich die Rückforderung gegen das Vermögen der Betroffenen richtet und der Betreuer durch den angefochtenen Beschluss selbst nicht beschwert wäre.
Die sofortige Beschwerde war auch in der Sache begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die, der Betroffenen aus den Sterbegeldversicherungen zustehenden Beträge dem Schonvermögen nach § 90 SGB XII zuzurechnen sind.

Im Einzelnen gilt Folgendes:
Soweit die Staatskasse den Betreuer befriedigt, gehen dessen Ansprüche gegen den Betroffenen auf sie über (§ 1836 e Abs. 1 Satz 1, § 1908 i Abs. 1 BGB). Sie kann bei dem Betroffenen Rückgriff nehmen, soweit dieser sein Einkommen und sein Vermögen gemäß § 1836 c BGB nach den Vorgaben des Sozialhilferechts hierfür einzusetzen hat. Zu dem einzusetzenden Vermögen gehören grundsätzlich auch sog. "bereite Mittel", über die der Betroffene nach einer ihm möglichen und zumutbaren Rechtsgestaltung, zum Beispiel Vertragskündigung, zur Bedarfszeit verfügen kann (BVerwG NJW 2004, 2914, 2915).
Der Senat teilt die Auffassung der Kammer, dass die Mittel, die der Betroffenen hier aus den Sterbegeldversicherungen im Falle einer Vertragsbeendigung zustünden, nicht dem einzusetzenden Vermögen zuzurechnen sind. Ihr Einsatz würde in vorliegendem Fall für die Betroffene eine unzumutbare Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII bedeuten, wobei es im Ergebnis dahingestellt bleiben kann, ob man das Sterbegeld als Bestandteil der Alterssicherung im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII betrachtet (OLG Köln Beschluss vom 27.9.2002 Az: 16 Wx 188/02; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 19.12.2003) oder seine Verschonung unmittelbar aus Absatz 3 Satz 1 der Vorschrift herleitet (BVerwG NJW 2004, 2914, 2915 für Leistungen auf einen Grabpflegevertrag).
Grundsätzlich setzt eine solche Härte eine Fallgestaltung voraus, die nach den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 SGB XII vom Vermögenseinsatz frei bleiben soll, aber wegen ihrer Atypik nicht von der Aufzählung dieser Vorschrift erfasst werden konnte (BVerwGE 92, 254). Dies ist vorliegend zu bejahen.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine unzumutbare Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII vorliegt, ist zum einen auf die, in § 90 Abs. 2 SGB XII zum Ausdruck kommenden Leitgedanken der Bestimmungen über das Schonvermögen abzustellen und sind zum anderen die in anderen Bestimmungen des SGB XII zum Ausdruck kommenden Wertungen zu berücksichtigen (BVerwG NJW 2004, 2914, 2915).
Aufgabe der Sozialhilfe nach § 1 Abs. 2 SGB XII ist es, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Infolge dessen schützt die Vorschrift des § 90 Abs. 2 SGB XII nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern - wie in Abs. 2 Nrn. 6 und 7 der Vorschrift zum Ausdruck kommt - auch immaterielle Werte. Dementsprechend ist der Wunsch vieler Menschen, für ein angemessenes Begräbnis und für die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen, dahin zu respektieren, dass ihnen die Mittel erhalten bleiben, die sie für eine angemessene Bestattung und Grabpflege zurückgelegt haben. Nur dann wenn diese Mittel nicht zu Lebzeiten zu einem anderen Zweck eingesetzt werden müssen, stehen sie nach dem Tod auch für die Bestattung und Grabpflege zur Verfügung. Auch wenn der Gesetzgeber das Sterbegeld nicht in § 90 Abs. 2 SGB XII als verschont aufgeführt hat, hat er doch die Vorsoge hierfür sozialhilferechtlich anerkannt (§ 33 SGB XII). Daher erscheint es gerechtfertigt, die angemessene Vorsorge für den Todesfall nach § 90 Abs. 3 SGB XII zu verschonen (BVerwG NJW 2004, 2914 ff; Niedersächsisches OVG Urteil vom 23. Juli 2003 Az: 4 LC 523/02; a. A. OVG Koblenz, Beschluss vom 24. März 2003, Az: 12 A 10302/03).
Darüber hinaus hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass das Recht über die eigene Bestattung zu bestimmen, Teil des grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) ist und die Dispositionsfreiheit umfasst, bereits zu Lebzeiten für eine angemessene Bestattung Vorsorge zu treffen. Es kann von einem Betreuten nicht gefordert werden, auf eine angemessene Bestattungsvorsorge zu verzichten, um im größtmöglichen Umfang sein Vermögen für die Bestreitung zukünftiger Betreuerkosten anzusparen, und sich für den Todesfall auf eine eventuelle Übernahme der Kosten eines sog. "Armenbegräbnisses" durch den Sozialhilfeträger (§ 74 SGB XII) verweisen lassen. Zu Recht hat das Landgericht deshalb gefolgert, dass eine solch weitgehende Einschränkung der Lebensgestaltung, die auch die Vorsorge für ein angemessenes Begräbnis umfasst, in den Vorschriften des § 1836 c BGB i.V. mit den in Bezug genommenen Vorschriften des SGB XII keine Stütze findet (so auch OLG Frankfurt FGPrax 2001, 115).
Demzufolge sind die der Betroffenen aus der Sterbegeldversicherung zustehenden Mittel insoweit geschützt, als sie für eine angemessene Bestattung bestimmt sind. Die Angemessenheit einer Bestattung beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Legt man die Kosten eines "durchschnittlichen" Begräbnisses zu Grunde, erscheint ein Betrag in Höhe von 3000 Euro jedenfalls nicht unangemessen.

...

Quelle:



.

Bitte zögern Sie nicht! Die eigenständige Beantragung von Verfahrenskostenhilfe ist voller Fallstricke. Kennen Sie diese nich, kann Ihr gesamtes, berechtigtes, Anliegen scheitern. Besonders der geforderte Antrag hat es in sich - er ist praktisch die Klageeinreichung und damit der Schlüssel zum Erfolg Ihres Verfahrens (oder auch zum Misserfolg). Auch ist der Antrag immer dann umso bedeutender, je höher der Streitwert ist. []
Bedenken bezüglich der Finanzierung des ersten Anwaltsbesuchs zur Besprechung des Verfahrens unter Zuhilfenahme von Verfahrenskostenhilfe sollten Sie nicht haben: Diese Konsultation wird mit über die Verfahrenskostenhilfe finanziert.
Möchten Sie das Finanzielle betreffend ganz sicher gehen, empfiehlt es sich, dass Sie selbstständig Beratungshilfe für diesen ersten Anwaltsbesuch beantragen.

weiter ]

Hilfe & Beratung
Diese Webseite teilen auf: