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Der Begriff der vorsätzlichen Herbeiführung von Vermögenslosigkeit.

Vorsätzliches Herbeiführen von Vermögenslosigkeit bei PKH, VKH und Beratungshilfe

Vorsätzliche Herbeiführung von Vermögenslosigkeit stellt sich wie folgt dar: Einerseits wissen Sie, dass Sie einen Prozess führen müssen, andererseits aber auch, dass Sie im Besitz von Vermögen sind oder den Besitz von Vermögen kommen könnten, wodurch Sie keine PKH, VKH oder Beratungshilfe mehr erhalten würden. Daher entledigen Sie sich dieses, der Genehmigung von Hilfe Entgegenstehendem, Vermögens oder unterlassen es, auf dieses Vermögen zuzugreifen oder Sie schaffen sich neue finanzielle Belastungen als Gegengewicht. Dieses Vorgehen stellt einen Rechtsmissbrauch dar.
Ist ein Prozess absehbar, darf Vermögen nicht mehr leichtfertig und nur noch für zwingend notwendige Dinge ausgegeben werden. Wird anders gehandelt, entfällt jeglicher Schonbetrag, Kreditraten dürfen nicht mehr einkommensmindernd angerechnet werden oder Ihnen wird fiktives Vermögen angerechnet. Die Folge ist, dass PKH/VKH oder Beratungshilfe nicht genehmigt werden wird.

Grundsätzlich ist es jedoch so, dass Sie keine Pflicht haben, für einen anstehenden Prozess Rücklagen zu bilden. Allgemein wird daher die Auffassung vertreten, dass Ihnen nachgewiesen werden muss, dass Sie Ihr Vermögen in voller Absicht vermindert haben. Eine andere Meinung, jedoch nur von einer Minderheit vertreten, geht davon aus, dass auch schon fahrlässige Vermögensverminderung ausreicht.

Zur Verdeutlichung folgende Beispiele aus der Praxis:

  • was vorsätzliche Herbeiführung von Vermögenslosigkeit bedeuten kann:
    • Zur Prozessfinanzierung haben Sie die Möglichkeit auf ein (Mit-)Erbe zuzugreifen. Dieses schlagen Sie jedoch aus, ohne das Sie dafür einen wichtigen Grund angeben. (OLG Saarbrücken, 16.1.2012, 9 WF 135/11)
    • Sie können ein anstehendes Verfahren jetzt betreiben und zur Finanzierung dieses Verfahrens auf einen Ihnen zustehenden Vorschussanspruch zugreifen. Stattdessen warten Sie mit dem Verfahren aber ab, bis der Vorschussanspruch nicht mehr besteht, und betreiben es erst dann. (OLG Oldenburg, 16.12.1993, 12 WF 131/93)
    • Zur Finanzierung einer Scheidung könnten Sie ein ansonsten verwertbares Vermögen einsetzen, welches Ihnen mit ihrem Noch-Ehepartner zusammen gehört. Sie verweigern aber die Verwertung dieses Vermögens. (OLG Frankfurt am Main, 14.07.1986, 1 WF 138/86)
    • Sie nehmen, trotz Ihres Wissens um einen kurz bevorstehenden Prozess, noch einen Kredit auf, wodurch Sie, in Form von monatlichen Zinszahlungen, neue finanzielle Belastungen haben.
    • Sie gewähren einer dritten Person kurzfristig ein Darlehen. (OLG Karlsruhe, 12.06.1984, 18 UF 150/83)
    • Sie beleihen/kündigen kurzfristig Ihre Lebensversicherung und geben das Geld aus. Dies gilt auch dann als vorsätzlich, wenn Sie mit diesem Geld andere Verbindlichkeiten tilgen. (OLG Saarbrücken, 25.02.2010; 9 WF 23/10, OLG Bamberg, 05.07.1988, 2 WF 150/151/88, OLG Hamm, 05.01.2000, 20 W 16/99, OLG Hamm, 03.08.2011, II-8 WF 176/11, OLG Brandenburg, 30.01.2012, 9 UF 227/11)
    • Sie gehen, um Steuern zu sparen, riskante Finanzgeschäfte ein. Diese Scheitern und bescheren Ihnen hohe Verluste. (OLG Köln, 30.01.1985, 4 WF 18/85)
    • Hohe Negativeinkünfte aus Immobilienbesitz. (OLG München, 02.05.2005, 19 U 1775/05)
    • Sie geben kurzfristig Geld für Luxusgüter aus. Als Luxusgut wird hier auch eine teure Reise gewertet.
    • Ist bekannt, dass Sie eigentlich im Besitz höherer Geldbeträge sein müssten, sich diese aber nicht im Antrag wiederfinden und Sie deren Verbleib nicht erklären können. Dies gilt zum Beispiel für eine Abfindung, einen Lottogewinn und für Geld aus einem Grundstücksverkauf. (BGH, 2. April 2008, XII ZB 184/05, OLG Karlsruhe, 02.03.1978, 16 WF 31/87)
    • Es erscheint ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Ihrem offensichtlichen Lebensstandard und den von Ihnen im Antrag gemachten Angaben zu geben (OLG Frankfurt, 17.12.1981, 22 U 179/81).
    • Allgemein kann nicht verlangt werden, dass Sie eine getätigte Schenkung zur Finanzierung Ihres Rechtsstreits zurückfordern müssen. "Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers" nach BGB § 528 soll nicht zur Anwendung kommen. Fand die Schenkung jedoch mit Wissen des bevorstehenden Rechtsstreits statt, kann dies anders beurteilt werden.
  • was keine vorsätzliche Herbeiführung von Vermögenslosigkeit sein kann:
    • Wenn Sie eine Unterhaltsabfindung nutzen, um einen Kredit zu tilgen, welchen Sie nur aufgenommen haben, um Ihren Lebensunterhalt bis zum Erhalt der Unterhaltszahlung zu finanzieren (BGH, 25.11.1998, XII ZB 117/98).
    • Wenn Sie Ihr Vermögen nutzen, um eine neue Wohnung aufzubauen und ihren bisher gewohnten Lebensstil zu finanzieren. Dies kann auch für höhere Vermögenswerte gelten. (OLG Brandenburg, 01.10.2007, 9 WF 215/07)
    • Wenn Sie Ihr Haus verkaufen und das daraus gewonnene Geld einsetzen, um einen noch auf dieses Haus bestehenden Kredit abzulösen und Ihr überzogenes Bankkonto ausgleichen (OLG Karlsruhe, 03.11.2008, 2 WF 144/08).
  • Sonderfall Scheinehe:
    Das Eingehen einer Scheinehe ist Rechtsmissbrauch. Daher werden Sie sich bei der Beantragung von Verfahrenskostenhilfe für die Scheidung einer solchen Ehe mit einem hohen Maß an Misstrauen konfrontiert sehen und müssen dies auch erdulden. Alle von Ihnen gemachten Angaben werden Sie ausführlich begründen müssen.
    Grundsätzlich werden Sie sich mit dem Verdacht konfrontiert sehen, dass Ihnen für diese Scheinehe Geld zugeflossen ist. Ist Ihnen kein Geld zugeflossen, werden Sie dies belegen müssen. Denn es ist grundsätzlich so, dass Sie von dem für eine Scheinehe gezahlten Geld Rücklagen zur Finanzierung der Scheidung zu bilden haben (s. Urteile). Falls Sie keine Rücklagen daraus bilden, werden Sie so behandelt, als ob Sie Vermögen, von dem Sie wussten, dass Sie es für die Scheidung benötigen, verschenkt hätten und Ihnen wird Verfahrenskostenhilfe verweigert.
    Weiterhin wird davon ausgegangen, dass gerade junge und arbeitsfähige Menschen in der Lage sind, während des Trennungsjahrs entgeltlich zu arbeiten und daraus Rücklagen für die Bezahlung der Scheidung zu bilden.
    Grundsätzlich scheint aber die Tendenz bei der Bearbeitung von Verfahrenskostenhilfeanträgen zu Scheidungen von Scheinehen dahin zu gehen, dass eher genehmigt als abgelehnt wird.

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Bitte zögern Sie nicht! Die eigenständige Beantragung von Verfahrenskostenhilfe ist voller Fallstricke. Kennen Sie diese nich, kann Ihr gesamtes, berechtigtes, Anliegen scheitern. Besonders der geforderte Antrag hat es in sich - er ist praktisch die Klageeinreichung und damit der Schlüssel zum Erfolg Ihres Verfahrens (oder auch zum Misserfolg). Auch ist der Antrag immer dann umso bedeutender, je höher der Streitwert ist. []
Bedenken bezüglich der Finanzierung des ersten Anwaltsbesuchs zur Besprechung des Verfahrens unter Zuhilfenahme von Verfahrenskostenhilfe sollten Sie nicht haben: Diese Konsultation wird mit über die Verfahrenskostenhilfe finanziert.
Möchten Sie das Finanzielle betreffend ganz sicher gehen, empfiehlt es sich, dass Sie selbstständig Beratungshilfe für diesen ersten Anwaltsbesuch beantragen.

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