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PKH/VKH bei Zahlung rückständigen Unterhalts und Unterhaltsdarlehen - der BGH dazu.

Urteile zu PKH/VKH und Beratungshilfe - Herbeiführung vorsätzlicher Vermögenslosigkeit
Zahlung rückständigen Unterhalts und Unterhaltsdarlehen

  • Ein zugeflossener Betrag aus der Zahlung rückständigen Unterhalts, der zur Rückzahlung eines Überbrückungs-Darlehens, dass zur Abwendung der durch die fehlende Unterhaltszahlung ausgelösten Notlage, genutzt wird, ist nicht zur Prozessfinanzierung einzusetzen.

BGH, 25.11.1998, XII ZB 117/98

ZPO § 114, ZPO § 115

Aus den Gründen

Durch das der Klägerin (Kl) am 24.03.1998 zugestellte Urteil des Amtsgerichts (AmtsG) wurde deren Klage auf rückständigen und laufenden nachehelichen Unterhalt teilweise abgewiesen. Daraufhin beantragte die Kl, der im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Raten bewilligt worden war, mit am 24.04.1998 beim OLG eingegangenem Schriftsatz ihr auch für das Berufungsverfahren PKH zu gewähren und fügte diesem Gesuch den Entwurf einer Berufungsschrift nebst Berufungsbegründung bei.
Mit der Kl am 29.07.1998 zugestelltem Beschluss verweigerte ihr das OLG die begehrte PKH mit der Begründung, sie könne die Prozessführung auch unter Berücksichtigung eines Schonvermögens von etwa 5.000 DM aus dem Betrag von 17800 DM aufbringen, den der Beklagte (Bkl) inzwischen aufgrund des erstinstanzlichen Urteils an sie gezahlt habe.
Die Kl legte daraufhin am 12.08.1998 Berufung gegen diese Urteil ein (die sie später rechtskräftig begründete) und beantragte zugleich, ihr gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Das OLG sah die Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags (§ 234 Abs. 1 und 2 ZPO) als nicht gewahrt an, lehnte die Wiedereinsetzung ab und verwarf die Berufung durch Beschluß als unzulässig.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kl.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Einer Partei ist nach Ablehnung ihres PKH-Gesuchs Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der PKH wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (vgl. Senatsbeschluss vom 07.0.1996 - XII ZB 157/95, FanRZ 1996, 933 f., m.N.). Dies ist hier der Fall.
1.) Keinen Bedenken begegnet der Ausgangspunkt des OLG, dass die Kl aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zunächst nicht in der Lage war, für die Kosten des Berufungsverfahrens aufzukommen, deshalb die Berufungsfrist unverschuldet versäumt und durch ihren innerhalb dieser Frist gestellten Antrag auf PKH alles für eine spätere Wiedereinsetzung zunächst Erforderliche getan hat.
2.) Nicht zu folgen ist dem OLG indes, soweit es die Ansicht vertritt, die zweiwöchige Frist des § 234 ZPO zur Beantragung der Wiedereinsetzung habe nicht erst mit Zustellung des PKH verweigernden Beschlusses, sondern bereits mit der Kenntnis der Kl von der am 07.05.1998 auf ihre Konto eingegangenen Zahlung des Bekl begonnen.
Hier durfte die Kl sich ungeachtet der Zahlung des Bekl weiterhin für bedürftig halten und brauchte mit der Zurückweisung ihres PKH-Gesuchs wegen zwischenzeitlich entfallender Bedürftigkeit nicht zu rechnen. Sie war entgegen der Auffassung des OLG nämlich nicht geahlten, den ihr zugeflossenen Betrag zur Bestreitung der Kosten des Berufungsverfahrens einzusetzen.
a) Es kann dahinstehen, ob dem Vorbringen der sofortigen Beschwerde zu folgen ist, eine zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nur vorläufige vollstreckbaren Urteil erbrachte Zahlung der Schuldners gehöre nicht nicht zum nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzenden Vermögen des Gläubigers, da die Erfüllungswirkung der Zahlung bis zum Eintritt der Rechtskraft in der Schwebe bleibe (vgl. Palandt/ Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 362 Rz. 12, m.n.N.) und der Gläubiger bis zu diesem Zeitpunkt damit rechnen müsse, den erhaltenen Betrag zurückzahlen zu müssen, zumal der Bekl hier bereits mit Schriftsatz vom 15.07.1998 angekündigt habe, für den Fall der Berufungseinlegung Anschlussberufung einzulegen.
b) Die Kl war jedenfalls angesichts der Umstände des vorliegenden Falls nicht verpflichtet, den erhaltenen Betrag vorrangig zur Bereitstellung der Kosten des Berufungsverfahrens einzusetzen, statt ihn, wie sie innerhalb der ihr nachgelassenen Frist zur Stellungnahme vorgetragen hat, zur Rückführung des Darlehens zu verwenden, das ihre Mutter ihr zur Überbrückung der Zeit ausbleibender Unterhaltszahlungen gewährt hatte.
aa) Die Kl hat die als Zufluss zu ihrem Kapitalvermögen anzusehende Zahlung des Bekl (vgl. Stein/ Jonas/ Bork, ZPO, 21. Aufl., § 115 Rz. 9 und 87) dazu verwendet, ihre Darlehensschuld teilweise zu tilgen, so dass ihr dieser Betrag zur Bestreitung der Prozesskosten nicht mehr zur Verfügung stand (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1986, 484).
Als fiktives Vermögen hätte sie sich diesen Betrag nur dann weiterhin zurechnen lassen müssen, wenn sie ihre Leistungsunfähigkeit böswillig herbeigeführt hätte, beispielsweise durch Tilgung einer Verbindlichkeit, deren Begründung angesichts der zu erwartenden Belastung durch die beabsichtigte Rechtsverfolgung unangemessen war ( vgl. Stein/ Jonas/ Bork, a.a.O., Rz. 88), oder auch durch Tilgung einer Verbindlichkeit weit vor deren Fälligkeit. Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, denn die Aufnahme des Darlehens war angesichts ausbleibender Unterhaltszahlungen zur Deckung des laufenden Unterhalts erforderlich. Die Vereinbarung im Darlehensvertrag vom 31.05.1996, dass das Geld "je nach Bedarf ... ausgezahlt" werde und bis "spätestens" 31.12.1999 zurückzuzahlen sei, ist angesichts der Bestimmung des Darlehens zur Überbrückung einer finanziellen Notlage dahin auszulegen, dass es schon vor dem "spätesten" Fälligkeitstermin zurückzuzahlen war, falls sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kl - hier durch die Zahlung des Bekl - verbesserten (vgl. Palandt/ Putzo, a.a.O., § 609 Rz. 8).
bb) Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man die in der Quittung vom 23.07.1998 enthaltene Erklärung der Darlehensgeberin, 17800 DM zurückerhalten zu haben, dahin versteht, dass die Rückzahlung erst an diesem Tage erfolgt. Denn der Umstand, dass die Kl dann in der Zeit vom Eingang der Zahlung am 07.05.1998 bis zur Darlehenstilgung am 23.07.1998 über den Betrag von 17800 DM verfügen konnte, führt nicht zu einer vorübergehenden, die Frist der § 234 ZPO in Lauf setzenden Leistungsfähigkeit der Kl, weil dem eingegangenen Geldbetrag die nunmehr fällige Darlehensverbindlichkeit gegenüberstand und bei der Beurteilung ihrer Vermögenslage im Wege der Saldierung zu berücksichtigen war.

Abgedruckt in: FamRZ 1999, 644 ff.



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