Übersicht: Wer zahlt was bei Prozesskostenhilfe (PKH)/Verfahrenskostenhilfe (VKH)? - PKH/VKH und Kosten:
- Antrag auf PKH/VKH - das PKH/VKH-Antragsverfahren
- PKH/VKH im Hauptverfahren
PKH/VKH und Kosten: PKH/VKH im Hauptverfahren
Fallkonstellation: Der Prozess wird durch ein Urteil entschieden
Gerichtskosten
Egal, ob Sie den Prozess gewinnen oder verlieren, werden Sie Gerichtskosten nur im Rahmen Ihrer PKH-/VKH-Bewilligung zahlen müssen. (ZPO § 122 Abs. 1) Die nach §§ 108 ff. vor dem Prozess zu leistenden Sicherheitszahlungen entfallen.
Unter Gerichtskosten sind, neben den direkten Kosten des Gerichts, auch die weiteren Kosten, wie z.B. für Gerichtsvollzieher, für Zeugen, Sachverständige, Gutachten, Dolmetscher/Übersetzer und gleich gelagerte Kosten zu verstehen - ebenfalls Ihre Reisekosten, die Ihnen im Zusammenhang mit diesem Verfahren entstehen.
Bzgl. der im vorhergehenden Absatz genannten weiteren Kosten ist zu beachten, dass nur die gesetzlich geregelten Kostensätze übernommen werden. Vereinbaren Sie eigenständig eine höhere Zahlung, ist der Mehrbetrag zur den staatlich festgelegten Kostensätzen durch Sie zu zahlen. Auch kann Ihnen, haben Sie sehr hohe Honorare vereinbart, u.U. die Zahlung auch vollständig auferlegt werden ().
Haben Sie also PKH/VKH ohne Ratenzahlung erhalten, werden die Gerichtskosten vollständig von der Staatskasse beglichen.
Haben Sie PKH/VKH mit Ratenzahlung und/oder mit Zahlung aus dem Vermögen genehmigt bekommen, müssen Sie nicht mehr zahlen, als das was Ihnen als Zahlung in Raten bzw. als Zahlung aus Ihrem Vermögen auferlegt wurde. Sind die Gerichtskosten höher, werden diese aus der Staatskasse bezahlt.
Eine Besonderheit ergibt sich für einen Beklagten, wenn der Kläger PKH/VKH ohne Raten und ohne Zahlung aus dem Vermögen bewilligt bekommen hat: In diesem Fall darf das Gericht vom Beklagten keinen Gerichtskostenvorschuss verlangen. (ZPO § 122, Abs. 2, Abs. 3) Daher kann auch der Beklagte z.B. so viele Zeugen laden, wie er wünscht, ohne dafür Sicherheitszahlungen an das Gericht leisten zu müssen. Das hier gesagte gilt aber ausschließlich für diese Konstellation (ein Kläger bzw. alle Streitgenossen mit PKH/VKH ohne Raten und ohne Zahlung aus dem Vermögen) und gilt auch nicht im Fall einer Zwangsvollstreckung.
Nach dem Prozess stellt sich die Frage, wie mit der Verteilung der Gerichtskosten umgegangen werden soll. Oben Gesagtes gilt uneingeschränkt, betrifft Sie aber im Wesentlichen dann, wenn Sie den Prozess verloren oder die Kostenentscheidung/Quotelung zu Ihren Ungunsten ausgefallen ist.
Was passiert aber, wenn Sie PKH nur mit Ratenzahlung/Zahlung aus dem Vermögen erhalten? Laut ZPO § 123 soll ja "Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ... auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss" haben und laut ZPO § 125, Abs. 2, sind "Die Gerichtskosten, von deren Zahlung der Gegner einstweilen befreit ist, ... von ihm einzuziehen, soweit er rechtskräftig in die Prozesskosten verurteilt ... ist."?
Die Antwort ist: Es hängt von einer der im Folgenden genannten Konstellationen ab.
- Nur der Kläger erhält PKH und ...
- gewinnt: Die von Kläger verauslagten Gerichtskosten sind gegen den unterlegenen Beklagten geltend zu machen. Ist der unterlegene Beklagte nicht in der Lage zu zahlen, erhält der Kläger die Kosten nicht erstattet;
- verliert: Der Beklagte kann von Kläger keine Erstattung der Gerichtskosten verlangen, sich aber die an das Gericht geleistete(n) Vorauszahlung(n) vom Gericht erstatten lassen (, Abs. 3 ).
- Nur der Beklagte erhält PKH und ...
- gewinnt: Sollte der Beklagte Gerichtskosten verauslagt haben, sind diese gegen den Kläger geltend zu machen. Ist der unterlegene Kläger nicht in der Lage zu zahlen, erhalten der Beklagte die Kosten nicht erstattet;
- verliert: Der Kläger kann vom Beklagten keine Erstattung der Gerichtskosten verlangen, sich aber die an das Gericht geleistete(n) Vorauszahlung(n) vom Gericht erstatten lassen (, Abs. 3 ).
- Kläger und Beklagter erhalten PKH:
- egal, wer gewinnt oder verliert - das Gericht kann keine weiteren Kosten geltend machen. Angeordnete Raten oder Vermögensbeträge müssen aber von beiden Parteien gezahlt werden. Eine Erstattung ist nicht möglich.
Beachten Sie bitte aber dabei immer: Wenn Sie nach dem Verfahren mehr Geld besitzen als vorher, müssen Sie dies dem Gericht mitteilen. Diese Mittelung kann dazu führen, dass Ihre PKH-Bewilligung abgeändert wird und (im Rahmen dessen, was Sie neu an Geld gewonnen haben) weitere Zahlungen auf Sie zukommen (s.a. s.a. Änderung der Vermögensverhältnisse: Vermögenszuwachs/Einkommensänderung).
Anwaltskosten
Die Anwaltskosten betreffend haben Sie als PKH-Partei immer ein finanzielles Risiko: verlieren Sie den Prozess, kann der Anwalt der gegnerischen Partei zumindest einen Teil seiner Kosten von Ihnen verlangen (ZPO § 126 Abs. 1).
Die Kosten für Ihren Anwalt - egal, ob Sie gewinnen oder verlieren - werden über Ihre PKH von der Staatskasse bezahlt. Dabei erhält der Anwalt minimal die ermäßigten Gebühren nach . Haben Sie aber PKH mit Ratenzahlung erhalten bzw. PKH nur mit Zuzahlung aus dem Vermögen erhalten, kann Ihr Anwalt, im Rahmen Ihrer PKH-Zahlungen, von der Staatskasse auch die Wahlanwaltsgebühren (Regelgebühren) verlangen (bei der Berechnung der Raten müssen immer die Regelgebühren angesetzt werden; LAG Hamm, 30.04.1997, 9 Ta 59/87). Die Bezahlung nach Wahlanwaltsgebühren kann insbesondere auch dann verlangt werden, wenn Sie durch den Prozess eine Vermögensverbesserung erfahren haben und wenn PKH aufgehoben wird (s.a. Änderung der Vermögensverhältnisse: Vermögenszuwachs/Einkommensänderung).
War Ihr Anwalt vor Genehmigung der PKH erst Ihr Wahlanwalt, geht die Berechnung nach PKH-Genehmigung für das, wofür PKH genehmigt wurde, vollständig in das Reglement der Anwaltsbezahlung für beigeordnete Anwälte über. Eine doppelte Berechnung in gleicher Sache ist untersagt. Genausowenig kann Ihr Anwalt die Differenz zwischen den ermäßigten Gebühren und den Wahlanwaltsgebühren für Ihre Vertretung von Ihnen verlangen. Dies betrifft aber nur das, wofür Sie PKH erhalten haben - nicht für jenes, wofür Ihnen keine PKH gewährt wurde.
Hat Ihr Anwalt, um aus Ihrer Mandantschaft entlassen zu werden, auf einen Teil seines Honorars verzichtet, kann er den Anteil, auf den er verzichtete, nicht von Ihnen fordern. Hat er dies allerdings nicht schriftlich erklärt, dann ist dies doch möglich.
Die Post- und Telekommunikationsgebühren berechnen sich immer nach den Wahlanwaltsgebühren.
Gewinnen Sie und haben Sie PKH nur mit Ratenzahlung(en)/ mit einer Vermögenszuzahlung erhalten, können Sie diese von der Gegenseite einfordern. Dies betrifft auch eine eventuell noch bestehende Differenz in der Bezahlung Ihres Anwalts zwischen dem ermäßigten Vergütungssatz und dem als Wahl-/Regelanwalt - diese kann er direkt von der unterlegenen Partei einfordern (liquidieren). Das gilt auch für seine anderen Kosten, wie z.B. Reisekosten/Fahrtkosten/Spesen. Zu beachten ist dabei aber die Möglichkeit, dass Ihr Prozessgegner unter Umständen nicht zahlungsfähig ist.
Hat Ihr Prozessgegner ebenfalls PKH erhalten, hat der BGH zwar die oben erwähnte Sichtweise bestätigt (BGH, 11.06.1997, XII ZR 254/94). Jedoch gibt es in der juristischen Literatur auch Meinungen, die unter Verweis auf ZPO § 122 die Ansicht vertreten, dass nur Ansprüche im Rahmen der PKH Ihres Gegners geltend gemacht werden können, also, dass der Gegner nur so viel bezahlen muss, wie im Rahmen der PKH hätte geltend gemacht werden können. In der Praxis hat dies jedoch wenig Relevanz.
Verlieren Sie Ihren Prozess, müssen Sie nach ZPO § 126 Abs. 1 damit rechnen, trotz PKH Kostenansprüche des Gegners zu befriedigen. Jedoch wird sich der gegnerische Anwalt wohl überlegen, inwieweit er, um ihre ggf. begrenzten finanziellen Möglichkeiten wissend, versuchen wird, Zahlungen von Ihnen zu erhalten. Die (ggf. ermäßigten) Anwaltsgebühren muss er direkt bei der Staatskasse in Rechnung stellen. Mit den darüber hinaus noch bestehenden Forderungen (der Differenz zwischen dem von der Staatskasse Erhaltenem und den Wahlanwaltsgebühren, zzgl. Reisekosten/Fahrtkosten/Spesen und ggf. weiterer Kosten, die Ihr Prozessgegner mit seinem Anwalt vereinbart hat) werden Sie sich aber, wohl oder übel, auseinandersetzen müssen. Diese Rechtsauffassung ist vom BGH in einem Urteil bestätigt (BGH, 11.06.1997, XII ZR 254/94). Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass es in der juristischen Literatur auch die entgegengesetzte Meinung gibt (unter Verweis auf ZPO § 122). Praktisch wird dies jedoch für Sie wahrscheinlich ohne Bedeutung sein. Bitte beachten sie auch obige Ausführungen zu den Gerichtskosten.
Auf die Frage "darf mein Anwalt mir trotz Prozesskostenhilfe eine Rechnung stellen", muss die Antwort lauten: Ja, er darf - nur bezahlen müssen Sie diese nicht in jedem Fall (siehe Nachfolgendes).
Grundsätzlich ist es auch hier - wie bei allen anderen Mandant-Anwalts-Verhältnissen - möglich, dass Sie als PKH-Partei mit Ihrem Anwalt eine Vereinbarung treffen, die über das von der PKH umfasste hinaus eine zusätzliche Vergütung festlegt. Ein Beispiel dafür ist die Vereinbarung der Zahlung der Fahrtkosten durch Sie auch im Fall des Verlierens. Über PKH würde der Anwalt diese nicht erstattet bekommen, da ausschließlich "zu den Konditionen eines ortsansässigen Anwalts" beigeordnet wird, was bedeutet: keine Erstattung von Fahrtkosten (OLG Frankfurt, 06.11.2001, 1 WF 180/01).
Die Besonderheit bei einer solchen Vereinbarung hier, wenn Sie PKH erhalten, ist, dass eine Naturobliegenheit vorliegt: Sie sind demnach nicht gezwungen, den vereinbarten Betrag zu zahlen; zahlen Sie dennoch und merken erst später, dass Sie nicht hätten zahlen müssen, können Sie den Betrag aber nicht zurückfordern - genauso wenig, wie Ihr Anwalt den Betrag von Ihnen einklagen kann. Dies wird aber dann eingeschränkt, wenn Sie durch den Prozess zu Geld kommen; dieses gewonnene Geld muss zur Begleichung einer solchen Vereinbarung benutzt werden. Allerdings können Sie (oder Ihr Anwalt direkt), als Gewinner eines Prozesses, die Kosten der Gegenseite in Rechnung stellen. Die oben erwähnte Einschränkung der Vereinbarung auf eine Naturobliegenheit entfällt dann.
Die Beiordnung Ihres Anwalts wird immer "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts" erfolgen. Praktisch kann Ihr Anwalt dann keine Fahrtkosten und Spesen mehr von Ihnen verlangen - gewinnen Sie aber Ihren Prozess, kann Ihr Anwalt diese Kosten jedoch vom Gegner einfordern (s.o.).
Haben Sie als PKH-Mandant vor Bewilligung von PKH Ihrem Anwalt einen Vorschuss bezahlt und vereinbart, dass der Anwalt Ihnen diesen im Falle der Bewilligung von PKH zurückzahlt, so ist diese Vereinbarung gültig - die Leistungen aus der PKH werden dadurch nicht eingeschränkt und Sie erhalten vom Anwalt den gezahlten Vorschuss zurück. Gleiches gilt, wenn Sie eine im Vorfeld angefallene Geschäftsgebühr gezahlt haben - diese muss auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden. Auch Ihnen ggf. im Vorfeld gewährte Beratungshilfe muss zur Hälfte angerechnet werden.
Sind Sie als PKH-Partei umsatzsteuerpflichtig, müssen Sie die Umsatzsteuer, die auf das Honorar Ihres Anwalts fällige wird, in voller Höhe selber zahlen. Dabei ist es unwichtig, wer das Honorar zahlt (ob die Staatskasse über PKH oder Sie selber).
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Bitte zögern Sie nicht! Die eigenständige Beantragung von Verfahrenskostenhilfe ist voller Fallstricke. Kennen Sie diese nich, kann Ihr gesamtes, berechtigtes, Anliegen scheitern. Besonders der geforderte Antrag hat es in sich - er ist praktisch die Klageeinreichung und damit der Schlüssel zum Erfolg Ihres Verfahrens (oder auch zum Misserfolg). Auch ist der Antrag immer dann umso bedeutender, je höher der Streitwert ist. []
Bedenken bezüglich der Finanzierung des ersten Anwaltsbesuchs zur Besprechung des Verfahrens unter Zuhilfenahme von Verfahrenskostenhilfe sollten Sie nicht haben: Diese Konsultation wird mit über die Verfahrenskostenhilfe finanziert.
Möchten Sie das Finanzielle betreffend ganz sicher gehen, empfiehlt es sich, dass Sie selbstständig Beratungshilfe für diesen ersten Anwaltsbesuch beantragen.
• Kapitel "Erfolgsaussichten und Mutwilligkeit"
• Kapitel "Wer zahlt was? - PKH/VKH und Kosten"
• Kapitel "Der Antrag auf PKH/VKH"
• Kapitel "Das PKH/VKH-Prüfungsverfahren"
• Kapitel "Bewilligung - die Entscheidung über PKH und VKH"
• Kapitel "Überprüfung und Revision der PKH/VKH-Bewilligung - Mitteilungspflicht"
• Kapitel "Aufhebung der Bewilligung von PKH/VKH"
• Kapitel "Abgelehnter/abgewiesener PKH/VKH-Antrag: Beschwerde und Frist"
• Kapitel "PKH/VKH und Anwaltsbeiordnung sowie Anwaltswechsel"
• Kapitel "Verfahrenskostenhilfe (VKH) - PKH im Familienrecht"
• Kapitel "PKH für Verfahren außerhalb des Familienrechts"
• Kapitel "Gesetzestexte zu Prozesskostenhilfe (PKH) und Verfahrenskostenhilfe (VKH)"
• Kapitel "Urteile zu Prozesskostenhilfe (PKH) und Verfahrenskostenhilfe (VKH)"
• Kapitel "Bescheide PKH/VKH - Beispiele"
• Inhaltsverzeichnis