Siehe auch: Scheidung, Sorge, Umgang und Gewaltschutzsachen, Absatmmung (Vaterschaftsanfechtung und gerichtliche Vaterschaftsfeststellung) und Adoption
Verfahrenskostenhilfe (VKH) für Verfahren im Rahmen des Familienrechts - Unterhalt
Allgemein
Die Entscheidung über Bewilligung oder Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) ergeht im Verfahren über VKH durch Beschluss des zuständigen Richters oder, hilfsweise, durch den Rechtspfleger, ohne dass dazu notwendigerweise eine Anhörung oder mündliche Verhandlung stattfinden muss. Auch besteht für das Genehmigungsverfahren kein Anwaltszwang. Eine selbstständige Beantragung ist aber, da einerseits in fast allen Fällen des Familienrechts Anwaltsbeiordnung erfolgt, andererseits, weil die rechtliche Materie meist schwierig ist, nicht zu empfehlen.
Beauftragen Sie einen Anwalt gleichzeitig mit der Beantragung von VKH und dem nachfolgenden Verfahren, sind die Kosten für das VKH-Antragsverfahren - unabhängig, ob bewilligt wird oder nicht - mit den Kosten der Hauptsache abgegolten. Es entstehen für Sie, unabhängig, ob VKH beantragt wird, keine Mehrkosten. Sollten Sie ein Verfahren nur im Falle der Genehmigung von VKH führen wollen, besprechen Sie mir Ihrem Anwalt vorab, wie im Fall der Ablehnung verfahren werden soll (wie sich die Kosten nur für das VKH-Antragsverfahren berechnen, siehe "Anwaltskosten im VKH-Antragsverfahren").
Gegen Ablehnung der VKH kann mit Frist von 3 Monaten nach Beschluss oder, bis das Urteil der Hauptsache schriftlich ergangen ist Beschwerde eingelegt werden (s.a. § 127 ZPO). Beschwerde ist bis hin zum BGH möglich. Lehnt auch der BGH VKH ab, ist als Letztes eine Gegenvorstellung möglich.
Ist Ihnen für eine Instanz VKH genehmigt worden und haben Sie gesiegt, legt aber der Gegner Rechtsmittel ein, ist Ihnen weiterhin VKH zu gewähren. Es gelten aber folgende Ausnahmen:
- die Sachlage hat sich grundlegend geändert und ist jetzt derart, dass ein Erfolg vollkommen aussichtslos ist,
- es liegt eine offensichtliche Fehlentscheidung der Vorinstanz vor,
- die Entscheidung der Vorinstanz kam nur wegen Ihrer offensichtlich falschen Darstellung des Sachverhalts zustande.
Weiterhin kann, wenn die Rechtsmittel einlegende Partei in der Vorinstanz anwaltlich vertreten wurde, VKH erst gewährt werden, wenn das Rechtsmittel vom Anwalt der Vorinstanz begründet wurde und diese Begründung nicht verworfen wurde.
Zum Unterhalt speziell
Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse:
Bei einem Antrag auf Kindesunterhalt ist bei der Beurteilung der finanziellen Situation bei Beantragung von VKH auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des den Antrag stellenden Elternteils abzustellen und nicht auf die des Kindes.
Insbesondere beim Unterhalt ist zu beachten, dass eine Verfahrenskostenvorschusspflicht gegenüber minderjährigen Kindern und volljährigen Kindern, die noch keinen eigenen Lebensstand errichtet haben, besteht. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn aufgrund eingeschränkter Leistungsfähigkeit Verfahrenskostenvorschuss nur in Raten gezahlt werden kann. Daher ist hier in erster Linie Verfahrenskostenvorschuss und hilfsweise VKH zu beantragen.
Zahlt der Unterhaltspflichtige klaglos, besteht aber kein Unterhaltstitel, ist die Frage strittig, wie die Finanzierung der Titulierung zu erfolgen hat. Geht der Schuldner nicht auf die Möglichkeit der außergerichtlichen Titulierung ein, wird allgemein angenommen, dass, wenn er auch nicht bereit ist, Verfahrenskostenvorschuss für die gerichtliche Titulierung zu entrichten, VKH bewilligt werden soll. Die Einforderung der mittels VKH gezahlten Gelder soll nachfolgend durch das Gericht vom Unterhaltspflichtigen erfolgen. Eingeschränkt wird dies aber, wenn der Schuldner nicht über hinreichende finanzielle Mittel verfügt. Anzumerken ist hier, dass für den Unterhaltspflichtigen keine gesetzliche Pflicht zur Kostenübernahme der Titulierungsansprüche besteht.
Bei Unterhaltsstreitigkeiten nach (Unterhaltssachen begründet durch Verwandtschaft, durch Ehe oder durch Geburt nach BGB §§ und ) besteht Anwaltspflicht nach , außer es erfolgt eine Vertretung durch das Jugendamt als Beistand, einen Vormund oder einen Ergänzungspfleger oder es handelt sich um ein Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter (FamFG § 78 Abs. 4).
Bei Versorgungsausglichssachen ist ein Rechtsanwalt beizuordnen, da von einer schwierigen Rechtslage auszugehen ist. Wird das Verfahren im Verbund geregelt, ist ebenso ein Rechtsanwalt beizuordnen.
Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten ist in der Regel nicht als schwierige Rechts- und Sachlage einzustufen und damit kein Anwalt beizuordnen. Geht es jedoch um die Bestimmung der beiderseitigen Betreuungsleistungen der Elternteile, ist dies anders und eine anwaltliche Beiordnung vorzunehmen.
Auch beim vereinfachten Verfahren nach ff. (Vereinfachtes Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger) soll Verfahrenskostenhilfe mit Anwaltsbeiordnung genehmigt werden, da aufgrund der Komplexität eine Gesamtbetrachtung der Umstände geboten ist, die die Rechtsberatungsstelle, die ansonsten ebenfalls helfen könnte, nicht leisten kann.
Vergleichbares gilt für die Vollstreckung. Zwar kann auch hier die Rechtsberatungsstelle in Anspruch genommen werden. Jedoch ist bei schwierigeren Angelegenheiten, wie beispielsweise Vollstreckung in eine Forderung, in Recht, in eine Immobilie, bei Antrag auf Erlass eines Pfändungs- oder Überweisungsbeschlusses, VKH mit Anwaltsbeiordnung zu genehmigen - auch, im Sinne der "Waffengleicheit", für den Unterhaltsschuldner (s.a. "Zwangsvollstreckung").
Beurteilung von Erfolgsaussichten und Mutwilligkeit sowie weitere Fragen zur Bewilligung bzw. Ablehnung von VKH:
Beim Stufenantrag bezieht sich die Bewilligung von VKH für die erste Stufe immer auch auf den unbezifferten Leistungsantrag. Wird teilweise vom Antragsteller verlangt, den Zahlungsanspruch doch zu konkretisieren und ist dies nicht möglich (zB. wenn keinerlei Kenntnis über die Einkommensverhältnisse besteht), kann zur Begrenzung des Kostenrisikos ein vorläufiger Teilbetrag benannt bzw. ein vorläufiger Gegenstandswert festgesetzt werden.
Wird VKH bei einem Stufenantrag vom Antragsgegner beantragt, kann diese nur bewilligt werden, wenn bereits in der Auskunftsstufe offensichtlich ist, dass kein Anspruch ihm gegenüber besteht. Verwehrt er aber die Auskunft an sich, kann VKH nicht genehmigt werden. Auch bei Geltendmachung eines Härtefalls nach 1-8 muss die Auskunft erfolgen. Begehrt der Antragsgegner aber VKH zur Abwehr des Leistungsantrags an sich, muss grundsätzlich geprüft werden, ob Aussicht auf Erfolg besteht.
Geht es um die Abänderung des Unterhalts (Erhöhung), wird teilweise VKH für die Errichtung eines neuen Titels wg. Mutwilligkeit abgelehnt, da nur ein zusätzlicher Titel für die Differenz kostengünstiger ist. Allerdings steht dem entgegen, dass ein einziger Titel für den Gläubiger deutliche Vorteile bringt, auch im Hinblick auf mögliche Folgeverfahren. Daher soll VKH für einen neuen Gesamt-Titel grundsätzlich nicht wegen Mutwilligkeit abgelehnt werden.
Für die Abänderung eines Stufenantrags gegen einen Unterhaltsschuldner, welcher zahlt, kann VKH nicht wegen Mutwilligkeit verweigert werden.
Mutwillig kann eine einstweilige Anordnung dann sein, wenn der Schuldner laufend Sozialhilfe bezieht. Dies gilt aber nicht für den Fall, wenn das Sozialamt auf eine schnelle Geltendmachung des Unterhalts drängt und die Einkommensermittlung schwierig ist.
Nicht Mutwilligkeit ist die Beantragung von VKH für eine einstweilige Anordnung und das Hauptsacheverfahren in gleicher Angelegenheit, besonders dann, wenn im Erkenntnisverfahren (Hauptschaverfahren) eine endgültige Entscheidung herbeigeführt werden kann und soll, was im Verfahren der einstweiligen Anordnung, in welchem nur summarisch geprüft wird, nicht möglich ist. Nur wenn z.B. nach Festsetzung des Unterhalts im Verfahren der einstweiligen Anordnung der Streit durch Vergleich beigelegt wurde, ist für das Hauptsacheverfahren Mutwilligkeit anzunehmen.
Nicht mutwillig ist es, einen Folgeantrag zu stellen, auch dann nicht, wenn vorher eine Regelung durch eine einstweilige Anordnung erfolgt ist. Die einstweilige Anordnung ist nur zeitlich begrenzt ist - das Verlangen nach einer rechtskräftigen Entscheidung ist daher nicht mutwillig.
Mutwilligkeit kann vorliegen, wenn statt eines kostengünstigeren Auskunftsantrags sofort eine Zahlungsklage erhoben wird. Kann jedoch das Einkommen des Gegners beziffert werden, gilt dies nicht - dann kann sofort Zahlung beantragt werden.
Mutwillig ist es, wenn anstelle einer einstweiligen Anordnung Verfahrenskostenvorschuss verlangt wird.
Mutwilligkeit liegt vor, wenn ein Unterhaltsberechtigter einen Auskunftsantrag stellen möchte, obwohl ein Sozialhilfeträger bereits vorab in gleicher Sache einen Auskunftsbeschluss erstritten hatte und keine Auskunft erhielt.
Keine Mutwilligkeit liegt vor, wenn ein Unterhaltsschuldner zwar seinen Erwerbsobliegenheiten nicht nachkommt, die Zwangsvollstreckungsaussichten aber zweifelhaft (=nicht klar zu verneinen) sind.
Die Beantragung von VKH für eine Beschwerde über einen Versorgungsausgleich soll abgelehnt werden, wenn ein Versorgungsträger bereits mit gleichem Ziel Rechtsmittel eingelegt hat.
Es wird keine VKH gewährt, wenn beim Versorgungsausgleich nicht mitgewirkt wird.
Ist der Antrag auf Unterhalt ohne Aussicht auf Erfolg, soll trotzdem bewilligt werden, wenn die Abweisung im Hauptsacheverfahren Voraussetzung für eine Antragstellung nach ausländischem Recht ist. Auch ein möglicher Ausschluss eins Unterhaltsanspruchs wg. Härteklausel nach 1-8 soll keine Ablehnung zur Folge haben, außer, dies wäre ganz zweifelsfrei offensichtlich.
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Bitte zögern Sie nicht! Die eigenständige Beantragung von Verfahrenskostenhilfe ist voller Fallstricke. Kennen Sie diese nich, kann Ihr gesamtes, berechtigtes, Anliegen scheitern. Besonders der geforderte Antrag hat es in sich - er ist praktisch die Klageeinreichung und damit der Schlüssel zum Erfolg Ihres Verfahrens (oder auch zum Misserfolg). Auch ist der Antrag immer dann umso bedeutender, je höher der Streitwert ist. []
Bedenken bezüglich der Finanzierung des ersten Anwaltsbesuchs zur Besprechung des Verfahrens unter Zuhilfenahme von Verfahrenskostenhilfe sollten Sie nicht haben: Diese Konsultation wird mit über die Verfahrenskostenhilfe finanziert.
Möchten Sie das Finanzielle betreffend ganz sicher gehen, empfiehlt es sich, dass Sie selbstständig Beratungshilfe für diesen ersten Anwaltsbesuch beantragen.
• Kapitel "Erfolgsaussichten und Mutwilligkeit"
• Kapitel "Wer zahlt was? - PKH/VKH und Kosten"
• Kapitel "Der Antrag auf PKH/VKH"
• Kapitel "Das PKH/VKH-Prüfungsverfahren"
• Kapitel "Bewilligung - die Entscheidung über PKH und VKH"
• Kapitel "Überprüfung und Revision der PKH/VKH-Bewilligung - Mitteilungspflicht"
• Kapitel "Aufhebung der Bewilligung von PKH/VKH"
• Kapitel "Abgelehnter/abgewiesener PKH/VKH-Antrag: Beschwerde und Frist"
• Kapitel "PKH/VKH und Anwaltsbeiordnung sowie Anwaltswechsel"
• Kapitel "Verfahrenskostenhilfe (VKH) - PKH im Familienrecht"
• Kapitel "PKH für Verfahren außerhalb des Familienrechts"
• Kapitel "Gesetzestexte zu Prozesskostenhilfe (PKH) und Verfahrenskostenhilfe (VKH)"
• Kapitel "Urteile zu Prozesskostenhilfe (PKH) und Verfahrenskostenhilfe (VKH)"
• Kapitel "Bescheide PKH/VKH - Beispiele"
• Inhaltsverzeichnis